eBooks - Das Lesen der Zukunft?
Montag, 30. Mai 2011
Ich gebe es zu: Ich bin ein eBook Skeptiker. Ich liebe Bücher, das Gefühl, Seiten umzublättern und dabei weiter in die Welt der Geschichte einzutauchen und der Geruch von altem Papier.
Vor ein paar Tagen las ich, dass Amazon erstmals mehr digitale Bücher verkauft hat als physische und in meinem Kopf begann es zu rattern. Wo geht es hin, ist mein Hang zu physischen Bücher total old-school und sind eBooks tatsächlich die Zukunft? Wie passend, dass es zu genau diesem Thema eine Podiumsdiskussion der Körber Stiftung gab: „Elektrisch lesen!“.
Auf der Bühne diskutierten Kathrin Passig, Schriftstellerin, Jürgen Neffe, Wissenschaftler und Schriftsteller und Johannes Haupt, der unter www.lesen.net und www.e-reader-forum.de Informationen und Diskussionen rund ums E-Book anbietet, moderiert von Christoph Bungartz, NDR, über technische Neuerungen in der Welt der Bücher, geändertes Leseverhalten und die Folgen dessen.
Um das schon einmal vorweg zu nehmen: Sie haben mich überzeugt, dass
eBooks die Zukunft sind - zumindest fast.
Hier ein paar interessante Erkenntnisse und Ansatzpunkte aus der Diskussion:
Für mich als Old-School Buchleser war und ist dieses neue Trägermedium
eBook ein wenig suspekt - ja ich gebe es zu! Verändert das neue Medium
alles, wie bisher mit Büchern und Wissen umgegangen wurde?
Wenn man sich aber folgendes einmal bewusst macht, dann verliert sich diese
Angst ein wenig: Das Leseverhalten und die Art und Weise wie gelesen wird
hat sich schon über Jahrhunderte hinweg stetig verändert. Ich will gar nicht
so weit zurückgehen: aber wenn man sich Bilder von lesenden Menschen
im 17./18. Jahrhundert ansieht, so sieht man wohlhabende Menschen (denen zu dieser Zeit nun einmal das Lesen vorbehalten war) genüsslich im Park, beim Picknick oder in sonstiger entspannter Haltung in einem Buch blättern. Und vielleicht wird es das auch künftig wieder werden: Genusslesen. Wenn wir also zu einem Buch greifen, dann zur Erholung, zum bewussten in einem Roman blättern und lesen.
Aber im sogenannten Alltagslesen, Fachartikel und Fachbücher recherchieren, dort sehe ich sehr wohl eher das neue eBook. Eindeutiger Vorteil ist dabei die Schnelligkeit des Mediums - eBooks können schneller überarbeitet werden und die neuen Inhalten den Lesern schneller zugänglich gemacht werden. Bei Fachbüchern, wie z.B. in der Medizin oder Pharmazie, wo ständig neue Wirkstoffe und Behandlungs-methoden entwickelt werden, sicherlich ein echter Vorteil.
Im Laufe der Podiumsdiskussion wurde heiß diskutiert, wie denn das eBook der Zukunft aussehen wird.
Eine Vielzahl der heutigen eBooks tendieren dazu, das „normale“ Buch um enhanced Content, wie ein Interview mit dem Autor, Karten von Orten, wo die Geschichte spielt oder sonstige Features anzureichern. Meist erweckt der enhanced Content jedoch den Eindruck, dass er einzig dazu dient den Preis, der sich meist immer noch am regulären Buchpreis orientiert, zu rechtfertigen.
Bemängelt wurde auch, dass eBooks trotz zusätzlichem Content sogenannte geschlossene Systeme sind. D.h. ich kann nur innerhalb das eBooks agieren und meist nicht auf andere Plattformen, wie Social Media Plattformen, wie Facebook oder Twitter, wechseln, um mit meinen
Freunden das Buch zu diskutieren.
Aus diesem Grund hat Jürgen Neffe, den sogenannten Libroid
entwickelt. Die Oberfläche des Libroid ist dreigeteilt und der
Nutzer kann innerhalb dieser drei Ebenen frei navigieren.
In der Mitte wird der Buchtext dargestellt. Dort sind entsprechend
Stellen gehighlighted, wenn dazu zusätzlicher Content vorhanden
ist, wie z.B. Fotos, die mit Erklärungen links dargestellt werden.
Rechts finden sich dann Kommentare von Freunden, Ausschnitte
aus Artikeln aus dem Web, Links zu weiterführenden Infos usw.
Des weiteren kann der Libroid, der auf dem iPad läuft, auf das
Adressbuch des Nutzers zugreifen und der Leser kann während
des Lesens Nachrichten und Kommentare zum Buch direkt an Freunde schicken.
Unten findest ihr ein Video, in dem der Libroid ein wenig erklärt wird.
Ich bin gespannt, ob sich diese Anwendung durchsetzen wird.
Von Prinzip her scheint sie das alte traditionelle Buch mit den neuen Plattformen, wie Web und Social Media gut zu verknüpfen. Dennoch stellen sich bei mir manchmal Bedenken ein, ob das wirklich das zukünftige Modell sein soll und ob Leser tatsächlich eine solche Fülle an zusätzlichen Informationen wünschen. Verliert man sich da nicht in all der Informationsflut und kommt vom eigentlich Lesen des Buches ab? Wer stellt sicher, dass die Informationen, die im Buch von Nutzern verlinkt werden, auch wirklich relevant und richtig sind? Und auch: wieviel Aufwand muss ein Autor eigentlich künftig betreiben, um ein Buch zu erstellen? Muss er sich künftig auch um die Recherche des Zusatzcontents und die Erstellung von Fotos und Videos kümmern?
Mit den neuen eBooks und auch Modellen, wie dem Libroid, geht es sicherlich in die richtige Richtung.
Wie genau das eBook der Zukunft aussieht, werden letztlich die Nutzer entscheiden und hoffentlich haben die Verlage bis dahin neue Geschäftsmodelle gefunden, die ihnen das Überleben sichern.
enhanded eBook
Libroid